Ein Geschenksäbel der Prinzessin Albrecht von Preußen
Der hier vorgestellte Löwenkopf- Geschenksäbel weckte nicht nur aufgrund seiner Schönheit und sehr hochwertigen Verarbeitung, sondern auch aufgrund seines, wenn auch nur mittelbaren Anhalt- Bezugs, mein großes Interesse.
Ein preußischer Löwenkopfsäbel für Offiziere der Kavallerie, 97,5 cm lang, 950 Gramm schwer, Klingenbreite 3 cm. Die leicht gekrümmte Steckrückenklinge mit Schör, Echt-Damast, ein Hersteller ist nicht darauf zu finden, evtl. versteckt sich die übliche Markierung eines der üblichen Solinger Produzenten unter dem Parierlappen. Das vergoldete Messinggefäß mit Löwenkopf-Knauf, reich dekoriert, auf dem terzseitigen Parierlappen aufgelegt die bekrönte Chiffre „A“, Rochenhautgriff mit Drahtwicklung.
Die Chiffre „A“ steht übrigens nicht für den Prinzen Albrecht von Preußen, sondern ist die Chiffre von Großherzog August I. von Oldenburg, dem „Gründer“ des späteren DragRgt 19. Diese Chiffre wurde so auch auf den Epauletten und Schulterklappen getragen.
Die Klinge ist im Bereich der Fehlschärfe beidseitig mit erhabenen Inschriften versehen, diese teilweise vergoldet, terzseitig „Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Albrecht von Preussen“, quartseitig „Dem Seconde-Lieutenant im Oldenburgischen Dragoner-Regiment No. 19 Julius Freiherr von und zu Egloffstein für Pagendienste 1891-92“.
Die Vergabe von Geschenkwaffen hatte in der preußischen Armee, auch in anderen natürlich, eine lange Tradition. Besondere Verdienste, Schießleistungen usw., aber auch wie am vorliegenden Beispiel besondere Dienste in unmittelbarer Nähe der regierenden Familie wurde oft mit besonders gewidmeten und z.T. sehr kostspieligen Ehrenwaffen belohnt. Im Gegensatz zu den „üblichen Standartwaffen“, die um die 30 Goldmark kosteten, waren für derart dekorierte Damastwaffen durchaus 100-120 Goldmark vom Schenkenden zu berappen.
Derartige besondere Geschenkwaffen durften im Alltag auch offiziell geführt werden: „Ehrendegen, die verliehen oder von einem Offizierkorps verehrt, sowie Degen, die von Mitgliedern des Kaiserlichen Hauses oder anderer regierenger Häuser geschenkt worden sind, dürfen – in der Stahlscheide und am vorschriftsmäßigen Koppel – ohne besondere Genehmigung getragen werden.“
Die Schenkende
Marie Friederike Leopoldine Georgine Auguste Alexandra Elisabeth Therese Josephine Helene Sophie (geb. am 02.08.1854 in Eisenberg, Thüringen; gest. am 08.10.1898 auf Schloss Kamenz in Niederschlesien) war eine geborene Prinzessin von Sachsen-Altenburg, verheiratete „Prinzessin Albrecht von Preußen“. Die Benennung der angeheirateten Prinzessinnen nach dem Vornamen des Ehemannes wäre heute undenkbar, damals aber völlige Normalität.
Ihre Eltern waren Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg (1826–1908) und Agnes (1824–1897), Tochter des Herzogs Leopold IV. von Anhalt-Dessau.
Sie heiratete am 09.04.1873 in Berlin den Prinzen Albrecht von Preußen (1837–1906), seit 1883 Herrenmeister des Johanniterordens; von 1885 bis zu seinem Tode Regent des Herzogtums Braunschweig, seit 1888 Generalfeldmarschall.
Der Beschenkte
Julius Ernst Hermann Eugen Leonhard Freiherr von und zu Egloffstein, geboren am 03.03.1872 in Mont Saint-Michel, Frankreich, gest. am 02.02.1950 in Baden- Baden. Sein Vater Leonhard (1842-1904) war preußischer General, sein Großvater Julius (1803-1861) war Oldenburger General.
Julius würde – wie üblich für Söhne hoher Militärs – an der Haupt- Kadettenanstalt Lichterfelde ausgebildet, diente 1891-92 der „Prinzessin Albrecht“ als Page und trat anschließend als Sekondelieutenant ins Oldenburger Dragonerregiment Nr. 19 ein, in welchem sein Vater, wie auch sein Großvater als Kommandeure dienten.
Julius diente später als Adjutant der 28. Kavalleriebrigade in Karlsruhe und wechselte dann als Eskadronchef ins Dragonerregiment Nr. 2 nach Schwedt. Im Ersten Weltkrieg stieg er bis zum Kommandeur des Kavallerie- Schützenregiments Nr. 89 auf und wurde als Oberstleutnant verabschiedet.
Ein Porträt des Freiherrn von Egloffstein liegt leider nicht vor, dies würde dem prächtigen Geschenk auch ein Gesicht zuordnen. Vielleicht kann jemand aus der geneigten Leserschaft hier nachhelfen.
Was ist eigentlich ein Page?
Dies waren junge Männer, heute würde man von Teenagern sprechen, die Zöglinge der Haupt- Kadettenanstalt der Preußischen Armee in Lichterfelde waren. Ausgewählt wurden ausschließlich Adelige, bevorzugt Söhne verdienter Militärs, bzw. von dem Herrscherhaus persönlich bekannten Familien. Am Hofe des preußischen Königs dienten – nicht „Vollzeit“, sondern ausschließlich bei feierlichen Gelegenheiten – in der Regel 2 Leibpagen für S.M. höchstselbst und bis zu 24 Hofpagen für die weiteren Angehörigen der königlichen Familie. Ein sog. Pagengoverneur hatte die Kadetten für den Dienst bei Hofe vorzubereiten und auszubilden.
Mit dem Übertritt in die reguläre Armee endete der Pagendienst.
Die im Internet einsehbare Liste der Leibpagen ist überraschend aussagekräftig. So waren in der Zeit von 1786 bis 1918 insgesamt 952 Pagen am kgl. Preußischen Hofe tätig, allerdings verteilt auf nur 30 Angehörige des kgl. Hauses.
Demnach hatten viele Prinzen und Prinzessinnen nur sporadisch oder sogar nie zugeteilte Leibpagen, andere wiederum sehr regelmäßig. Die dahinterliegenden Mechanismen sind uns leider unbekannt.
Rekordhalterin in der Anzahl der Leibpagen ist Prinzessin Maria Anna (1837-1906) mit 89 Leibpagen, gefolgt von der letzten Kaiserin Auguste Viktoria (1858-1921) mit 65 Leibpagen.
Bei Prinz Albrecht d.J., dem Ehemann der schenkenden Prinzessin Marie sind nur 16 Leibpagen verzeichnet, Prinzessin Marie hatte dagegen regelmäßig mind. einen; insgesamt 32 an der Zahl.
Für die tatkräftige Hilfe bei der Abfassung dieser kleinen Arbeit bedanke ich mich herzlich bei Ulrich Herr und Daniel Krause.
1) Zu Pagendegen siehe auch: Frank-D. Rex; „Zwei preußische „Pagendegen“ in ZfH Nr. 448 April/Juni 2013, S.13ff
2) Zum Prozedere einer solchen Geschenkvergabe siehe u.a.: Herr., U.; „Zur Übersendung eines Pagendegen“ in Zeitschrift für Heereskunde Nr. 450, Okt/Dez.2013 S. 13
3) Siehe u.a. Preisliste des Deutschen Offiziervereins; Löwenkopfsäbel waren hier zwischen 22,50 und 36,- erhältlich
4) Entspricht heute nach dem „Gleitenden Neuwertfaktor“ ca. 24 Euro pro Goldmark; siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Gleitender_Neuwertfaktor
5) Siehe Offizier- Bekleidungsvorschrift 1911 S. 42, Pkt. 49
6) Siehe: https://actaborussica.bbaw.de/register/personen/detail.xql?id=P0836384
7) Zu den biographischen Angaben siehe die einschlägigen Ranglisten, Offizier-Stammlisten, insbes. des DragRgt 19 und die Ehrenrangliste
8) Siehe: https://actaborussica.bbaw.de/register/organigramme/detail.xql?id=P0008973