Sir Charles Oppenheimer - Ein Frankfurter im Dienste Ihrer Majestät

Stets auf der Bärenjagd musste die vorliegende Schnalle den Weg in meine Sammlung finden. So unscheinbar mit „nur“ drei Dekorationen diese Dreierschnalle auch erscheinen mag, verbindet sie doch mehrere interessante Aspekte; ein Britisch geadelter Bürger jüdischen Glaubens aus meiner Hessischen Heimat, der auch einen Orden meines bevorzugten Sammelgebiets erhalten hat.

Abb. 1: Generalkonsul Sir Charles Oppenheimer

Biographie


Sir Charles Oppenheimer (geb. 29.02.1836 in Nastätten; gest. 21.06.1900 in Frankfurt am Main) war Sohn von Issac Feist Oppenheimer (1802–1884) und dessen Ehefrau Esther (1805–1854).

Oppenheimer absolvierte die Schule in Frankfurt und zog im Alter von 18 Jahren nach London. Dort gründete er 1860 die noch heute existierende Firma A. Oppenheimer und Co. Ltd., welche er bis 1871 als Geschäftsführer leitete. 1864 erhielt er die britische Staatsbürgerschaft und heiratete Bertha Goldbeck aus Frankfurt, die Tochter des Textilhändlers Leopold Goldbeck. 1871 kehrten die Oppenheimers mit ihren fünf Kindern Emily, Helena, Minnie, Blanche und Francis wieder nach Frankfurt zurück; ein sechstes Kind, Albert, wurde 1872 geboren.

In Frankfurt widmete sich Oppenheimer, finanziell gut situiert, intensiv karitativer Arbeit, insbesondere der Unterstützung speziell jüdischer Wohltätigkeitsorganisationen.

1880 wurde Oppenheimer Britischer Honorarkonsul für Frankfurt, die Provinz Hessen-Nassau und das Großherzogtum Hessen. Er widmete sich auch intensiv den wirtschaftlichen Beziehungen, so war er u.a. Mitglied des Ehren-Comités der Ausstellung deutscher Kunst- und Industrie- Erzeugnisse 1891 in London.

Bereits 1882 wurde er zum Generalkonsul erhoben. Für seine Dienste wurde Oppenheimer 1892 von Königin Victoria als Knight Bachelor in den Adelsstand mit dem Prädikat „Sir“ erhoben.

Er starb am 21.06.1900 Im Alter von 64 Jahren in Frankfurt/Main.

Oppenheimer hat seiner Geburtsstadt Nastätten testamentarisch 150.000 Mark vermacht. Seine Frau starb im November 1919 in Frankfurt/Main. Beide sind auf dem Jüdischen Friedhof Frankfurt/Main beerdigt.

Abb. 2: Große Ordensschnalle Oppen- heimers mit dem Ritterkreuz 1.Klasse des Verdienstordens Philipps des Großmütigen, dem Ritterzeichen 1. Klasse des Hausordens Albrechts des Bären und der britischen Queen Victo- ria Diamond Jubilee Medal 1897

Seine Orden und Ehrenzeichen

Auch „Nebenamtliche“ Konsuln, d.h. solche, die nicht hauptberufliche Angehörige des Diplomatischen Dienstes waren, wurden natürlich mit Orden und Ehrenzeichen bedacht. Schaut man in die einschlägigen Staatshandbücher, sind aber doch große Unterschiede merklich. Von völlig Undekorierten bis hin zu förmlich mit Ehren überschütteten Konsuln ist alles zu finden. Der zivile Stand, das vertretene Land, der Konsularbezirk und andere Gründe werden da eine Rolle gespielt haben.

Oppenheimers erste Dekoration erfolge von seinem Konsularbezirk Hessen; der Großherzog würdigte seine Dienste am 12.09.1882 mit dem Ritterkreuz 1. Klasse des Verdienstordens Philipp des Großmütigen.

Vom Herzog von Anhalt wurde er 1884 mit dem Ritterzeichen 1. Klasse des Hausordens Albrechts des Bären dekoriert. Der exakte Verleihungsgrund ließ sich leider nicht ermitteln.

Beide Ordensverleihungen lassen erkennen, wie Oppenheimer strukturell in der Ordenshierarchie einzusortieren war, die Verleihungen erfolgten in der Höhe, in der die Rangklasse der Räte 4. Klasse, respektive ein Major beim Militär dekoriert worden wäre. Nicht zu niedrig, sondern schon der gehobenen Gesellschaft zugeordnet, nicht zu hoch, dies wäre damals in seinem Stande nicht üblich gewesen.

Oppenheimer wurde von seinem „Entsendestaat“ Großbritannien nicht mit Orden dekoriert, aber nobilitiert. Diese Nobilitierung zeigte sich damals noch nicht in einem tragbaren Ehrenzeichen, das Abzeichen eines knight bachelor wurde erst 1926 gestiftet. Im Jahre 1897 wurde ihm die Queen Victoria Diamond Jubilee Medal verliehen, sein Status berechtigte ihn für diese mit nur ca. 3000 Exemplaren recht selten verliehenen Medaille.

Abb. 3: Rückseite der Schnalle; leider ohne Herstelleretikett

Noch ein paar Worte zum „Honigbären“ an Oppenheimers Schnalle; konkrete Herstellerzuordnungen sind lt. bestehender Literatur leider nicht zu machen. Lieferant der Dekorationen war bekanntermaßen Juwelier Heinzelmann in Dessau; als Hersteller wird Godet oder Zimmermann angenommen.

Abb. 4: Detailaufnahme des „Honig- bären“

Die Tatsache unterstellt, dass sich an den Schnallen das Verleihungsstück vernäht befindet, merkt man am Ritterzeichen Oppenheimers deutliche Unterschiede zu den späteren Stücken an den Schnallen von Bode und Ebeling. Während bei letzteren beiden die Buchstaben der Umschrift klar voneinander getrennt sind, sind die Buchstaben beim Oppenheimer-Bär größer und gehen meist ineinander über. Das Askanierwappen oben bedeckt bei letzteren nur den inneren Ring des Zeichens; bei Oppenheimers Stück sind oberer und unterer Rand vom Wappen bedeckt.

Danksagung:

Für die tatkräftige Hilfe bei der Verfassung dieses kleinen Artikels bedanke ich mich bei Rudi Jablonski und Daniel Krause.

Quellen und Literatur:

  • Handbuch des Deutschen Reiches, div. Ausg.

  • Hof- und Staatshandbuch des Großherzogtums Hessen, div. Ausg.

  • Hof- und Staatshandbuch für das Herzogtum Anhalt, div. Ausg.

  • Joseph Jacobs, Goodman Lipkind: Oppenheimer, Sir Charles, In: Jewish Encyclopedia.

Anmerkungen

1 Siehe https://www.jewishencyclopedia. com/articles/11738-oppenheimer-sir- charles

2 Siehe https://www.oppenheimer.com/in- dex.aspx

3 Siehe https://jinh.lima-city.de/gene/op- penheimer/Genealogie_Oppenheimer_ Laufenselden.html

4 Siehe: Deutscher Reichs- u. Kgl. Preuß. Staatsanzeiger, 11.02.1891 S.8

5 https://jinh.lima-city.de/gene/oppenhei- mer/Genealogie_Oppenheimer_Laufen- selden.html

6 https://en.wikipedia.org/wiki/Knight_Ba- chelor

7 John W. Mussell (Hrsg.) Medal Yearbook 2015, S. 280f, Honiton, 2015

8 Siehe Klenau, Arnhard Graf; „Orden in Deutschland und Österreich, Anhalt, Ba- den, Bayern, Braunschweig, Frankfurt und Hannover“, 2008; und Scharfen- berg, Gerd; „Die Orden und Ehrenzei- chen der Anhaltischen Staaten“, Offen- bach, 1999

9 OuE Magazin 145, Juni 2023 S. 134ff und 146, August 2023, S.182ff

Veröffentlicht: Orden und Ehrenzeichen 25. Jg., Nr. 148 (Dezember 2023)

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