Friedrich Seeßelberg

1.) Preußen, Eisernes Kreuz 2. Klasse 1914
2.) Braunschweig, Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse
3.) Anhalt, Friedrichkreuz
4.) Hamburg, Hanseatenkreuz
5.) Deutsches Reich, Frontkämpferehrenkreuz
6.) Preußen, Roter Adlerorden 4. Klasse
7.) Preußen, Landwehrdienstauszeichnung
8.) Schweden, Wasaorden Ritterkreuz 2. Klasse


Das Miniaturkettchen ist bis auf das Frontkämpferehrenkreuz identisch zusammengestellt.


Wie bereits erwähnt, muss es sich auf Grund der Landwehrdienstauszeichnung beim Träger um einen preußischen Reserveoffizier, vermutlich im Range eines Oberleutnants oder Hauptmanns, handeln. Seine zivile Stellung hat ihm den Erhalt des Roten Adlerordens 4. Klasse ermöglicht. Die hierfür in Frage kommenden gesellschaftlichen Schichten sind jedoch breit und umfassen Personen aus dem Staatsdienst, der Wirtschaft oder dem Bereich Kunst und Kultur. Die Auszeichnungen aus der Zeit des 1. Weltkrieges lassen schlussfolgern, dass er aktiv am Krieg teilnahm. Mehr ist m. E. aus der reinen Zusammenstellung der Auszeichungen selbst nicht abzuleiten.


Die Recherche des Trägernamens hätte über die Suche eines Landwehroffiziers mit dem sehr selten an Deutsche verliehenen Ritterkreuz 2. Klasse des Wasaorden in den gedruckten Quellen, wie preußischen Ranglisten und Staatshandbüchern oder dem Ordensalmanach durchgeführt werden können. Wie mir erst seit kurzem durch den freundlichen Hinweis an dieser Stelle bekannt ist, sind die Träger schwedischer Orden aus den Staatskalendern Schwedens ersichtlich. Auch über diesen Weg wäre man dem Träger von Schnalle und Kettchen auf die Spur gekommen. Der Rechercheaufwand über die genannten Periodika mit Seitenzahlen im vierstelligen Bereich und Abgleich der in Frage kommenden Personen über weitere Quellen ist jedoch erheblich und hätte mit Sicherheit viele Stunden erfordert.


Der Weg über die seit Jahren von Daniel Krause beharrlich zusammengetragenen und digitalisierten Verleihungsdaten von Orden und Ehrenzeichen, im Wesentlichen für vor, im und nach dem Ersten Weltkrieg dienende Offiziere, verkürzt den Aufwand auf einen Bruchteil der für die oben genannten Wege benötigten Zeit. Wie der hier geschilderte Recherchevorgang zeigen wird, fordert jedoch der erfolgreiche Umgang mit diesem exzellenten Instrument von dem Nutzer zusätzliche Kenntnisse über Verleihungszahlen, Verleihungsumstände und die möglichen Trageweisen der dort gelisteten Orden und Ehrenzeichen und zusätzlich Grundkenntnisse der Statistik. Geht man nämlich streng nach der Kombination der hier besprochenen Auszeichnungen vor, finden wir in Daniels Liste keinen passenden Träger. Es läge die Vermutung nahe, dass er trotz des großen Umfangs der gesammelten Daten dort einfach (noch) nicht erfasst ist und man somit einen der zuvor genannten steinigen Wege einschlagen muss. Eine Ursache hierfür wäre die Verleihung des Wasaordens an den Träger der Schnalle nach 1918, wodurch der Orden nicht in den der digitalisierten Liste zu Grunde gelegten gedruckten Quellen Erwähnung finden würde. Der Wasaorden stellt jedoch mit der sehr geringen Verleihungszahl den Schlüssel zur Identifizierung des Trägers dar, da die anderen sieben an der Schnalle befindlichen Orden im vier- bis sechsstelligen Bereich verliehen wurden und damit prinzipiell mehrere Träger derartiger Kombinationen ohne den Wasaorden in Frage kommen könnten. Allerdings geht die Wahrscheinlichkeit, dass auch bei derartigen Massenorden eine siebenfache Kombination tatsächlich mehrfach vorgekommen ist, nach den Regeln der Statistik gegen Null und liegt mit Sicherheit unterhalb der Wahrscheinlichkeit eines "Sechsers" im Lotto. Eine ähnliche Aussage könnte m. E. im Übrigen bereits für Fünf- oder Sechsfachkombinationen von Auszeichnungen getroffen werden. Schauen wir mit diesem Hintergrundwissen erneut in die Liste von Daniel Krause wird eine Person auffällig, für welche sogar sämtliche acht an der Schnalle befindlichen Dekorationen nachgewiesen sind. Er hat jedoch zusätzlich das Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern erhalten und fällt damit streng genommen als Träger aus dem Suchraster heraus:


Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. Friedrich Seeßelberg, Major der Landwehr a. D., Technische Hochschule Berlin


Die oben genannten statistischen Überlegungen führen zu dem Ergebnis, dass nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit die genannten Person trotzdem der Träger ist. In der Folge kann nur argumentiert werden, dass er das an Schnalle und Kettchen zu erwartende Ritterkreuz des Hausordens von Hohenzollern zwar besaß, aber nicht dort getragen hat. Es ist kaum zu erwarten, dass er bei einer nach 1934 gebundenen Schnalle auf das Tragen seiner höchsten Tapferkeitsauszeichnung verzichtete. Somit bleibt als alleinige logische Schlussfolgerung, dass er den Orden einzeln trug, wie dies auf Trägerabbildungen gelegentlich zu sehen ist.


An dieser Stelle ist es gerechtfertigt, die Recherche als abgeschlossen anzusehen und Friedrich Seeßelberg als den sicheren Träger der hier besprochenen Realien anzusprechen. Wohl bemerkt ist diese Aussage nach den Gesetzen der Statistik keine Vermutung, sondern als wissenschaftlich gesichert einzuordnen.

Im Anhang Einträge Friedrich Seeßelbergs in:


1. Wer ist´s 1914
2. Staatshandbuch Preußen 1914
3. Staatshandbuch Preußen 1918
4. Rangliste Preußen 1910
5. Staatshandbuch Schweden 1927

Nachtrag 1:

Entweder, die potenziellen Interessenten an derartigen Nachlässen waren durch die Feierlichkeiten gebunden, oder mein Versuch, dass Pferd im Falle Seeßelberg mal etwas anders aufzuzäumen, kam nicht so gut an. Die Zuordnung des Ensembles zu Seeßelberg trotz des fehlenden Hausordens von Hohenzollern erschien mir so schlüssig, dass ich dieses aus Lokalinteresse und auf Grund der kulturhistorischen Bedeutung Seeßelbergs kurzentschlossen beim einschlägigen Hamburger Händler erwarb.

Seeßelberg war zum Anfang des 20. Jahrhunderts ein nicht unbedeutender Architekt, Publizist und Kulturpolitiker mit einerseits politisch stramm deutschnationaler Einstellung und andererseits Nähe zum die Moderne prägenden Bauhausstil. Zahlreiche Zeichnungen von Seeßelbergs Hand findet man im Bestand des Architekturmuseums der Technischen Universität zu Berlin, der Nachfolgeeinrichtung der Technischen Hochschule zu Berlin, an welcher Seeßelberg über lange Zeit als Dekan wirkte. Gleich zu Beginn der zuvor verlinkten Blätter sind neben der Zeichnung auch Fotos des sakral wirkenden Gebäudes des Werdandi-Bundes auf einer Bauausstellung in Malmö zu sehen (Siehe auch Bilder im Anhang). In seiner Geburtsstadt Uelzen ist eine Straße nach ihm benannt. Er gründete 1907 den Werdandi-Bund , welchem der Germanist Prof. Rolf Parr immerhin noch im Jahre 2000 seine Habilitationsschrift widmete. Bei näherer Betrachtung muten die durch den Werdandi-Bund vertretenen Ansichten aus heutiger Sicht milde ausgedrückt befremdlich an. Andererseits fühlten sich bedeutende Zeitgenossen, wie Engelbert Humperdinck, Max Klinger, Wilhelm Busch, Wilhelm Raabe, Ernst von Wildenbruch, Theodor Heuss, Houston Stedwart Chamberlain und zahlreiche andere bekannte Persönlichkeiten der damaligen Kunst- und Kulturszene befleißigt, im besagten Bund mitzuwirken. Als Reserveoffizier stand Seeßelberg im Ersten Weltkrieg lange Zeit an der Westfront beim Füsilier-Regiment 73 und war dort Bataillonskommandeur von Ernst Jünger . Nach einer Verwundung wechselte er ins Kriegsministerium. Als Ergebnis seiner dortigen Arbeit veröffentlichte Seeßelberg nach dem Kriege ein umfangreiches Buch über den Stellungskrieg. Nach dem Ersten Weltkreig war er weiter an der Technischen Hochschule zu Berlin tätig. Seeßelberg stirbt 1956 hoch betagt in Berlin.

Wegen der oben ausführlich geschilderte Frage der Sicherheit eines Rechercheergebnisses im Allgemeinen und dem Ergebnis für den hier besprochenen Fall im Besonderen hatte ich Schnalle und Kettchen erworben. Erst danach habe ich die Suche nach Verwandten aufgenommen und wurde auf Grund des recht seltenen Namens bald fündig. Über einen nur indirekt mit Friedrich Seeßelberg verwandten Namensvetter wurde der Kontakt zum Urenkel anderen Namens vermittelt. Dieser stellte mir das bereits oben gezeigte Portrait zur Verfügung. Den Werdegang der Recherche mit namentlicher Zuordnung auf Grund der oben genannten Datenbasis mit für derartige Prozesse ausreichend sicherem Ergebnis und nachfolgender Bestätigung mittels eines Trägerprotraits hatte ich versucht, in diesem Beitrag darzustellen.

Nachtrag 2:

Es seien noch zwei Bilder des von Seeßelberg geschaffenen Denkmals für die im Weltkrieg gefallenen Soldaten des Füsilier-Regiments 73 ergänzt. Auf dem zweiten Foto erläutert Seeßelberg den bei der Einweihung Anwesenden die Gestaltungselemente.

Nach weiterführender Recherche möchte ich noch einen Artikel über Person und Auszeichnungen Friedrich Seeßelbergs erstellen. Danach habe ich vor, auf Wunsch der Nachkommen den Nachlass zurück in die Familie zu geben.



Gastbeitrag von Komtur - vielen Dank für die Unterstützung und Bereitstellung der Fotos und des Textes.

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